Agententragödie oder handfester Behördenskandal? / Verteidiger des ehemaligen BND-Residenten im Kosovo Anton K. und seines Dolmetschers Murat A. weisen Anklagevorwurf zurück / Massive Rechtsverletzungen durch BND und Ermittlungsbehörden / Abrechnung mit kritischem Mitarbeiter
Das Urteil des Krimi-Lesers ist eindeutig. Wenn die Vorwürfe der Bundesanwaltschaft wirklich stimmen, so stellen die Ereignisse, „die sich 2005 bis 2008 beim Bundesnachrichtendienst (BND) im Kosovo zugetragen haben … jedes Drehbuch für einen James-Bond-Film in den Schatten.“ Nach der Ermittlungshypothese von Strafverfolgungsbehörden und BND wurde Anton K. von seinem Dolmetscher Murat A. wegen einer gemeinsamen gleichgeschlechtlichen Beziehung erpreßt und hat über diesen deshalb regelmäßig Informationen an verschiedene Geheimdienste und die Organisierte Kriminalität auf dem Balkan verraten.
Doch von der Drehbuchfolge bekannter Agenten-Storys darf sich zumindest die Justiz nicht täuschen lassen. Der Fall ist komplizierter und trivialer zugleich. Eine deutsche Behörde schickt ihren Mann unter Verletzung vieler hierfür eigentlich bestehender Vorschriften auf den Balkan, um dort ein Quellennetz aufzubauen und Informationen für den BND in Pullach zu beschaffen. Doch die Realität im Kosovo ist eine andere als im idyllischen Münchner Vorort. Ein deutscher Beamter ohne Albanisch-Kenntnisse hat es schwer, von den kulturell völlig unterschiedlich denkenden Kosovaren respektiert zu werden. Ein in Deutschland geborener, aufgewachsener und sozialisierter Dolmetscher mazedonischer Abstammung, der zuverlässig ist und die Mentalität vor Ort versteht, ist da ein Glücksfall.
Nachdem bisher nur die Bundesanwaltschaft gezielt die Öffentlichkeit suchte, werden auf dieser Netzseite nun auch die Verteidiger von Anton K. und Murat A. fortlaufend über ihre Sicht des nun vor dem Oberlandesgericht München aufzurollenden Falles, die eklatanten Rechtsverstöße von Bundesnachrichtendienst und Ermittlungsbehörden, sowie über die darauf zurückzuführenden Fehler im Anklagevorwurf informieren. In einem Verfahren gegen einen bis dahin viel gelobten Staatsdiener, von dem man aus deutschen Amtsstuben zunächst forderte auf dem Balkan unter widrigsten Bedingungen Höchstleistungen zu erbringen und den man dann fallen ließ, als man feststellte, daß er nicht in die Raster der Pullacher Behörde paßte.